Willkommen im Zeitalter der Bots.

Digitales Marketing hat seinen Zenit erreicht. Die bekannten Medien erreichen schon lange niemanden mehr und die Menschheit hat die Flucht vor den nicht enden-wollenden Benachrichtigungen und Terror-Mails angetreten. Das World Wide Web ähnelt einem alten Spinnennetz, das darauf wartet, vom Staubsauger in die ewigen Jagdgründe geschickt zu werden …

Was um alles in der Welt könnte eine solche Apokalypse verursachen?

Nur das Regiment böswilliger Bots.

Diese Beschreibung erinnert zugegebener Weise eher an einen schlechten Tele 5-Streifen, der nachts im Halbschlaf an dir vorbeiflimmert – aber komplett abwegig ist der Gedanke nicht, dass Unternehmen technische Innovationen ausreizen, um Verbraucher mit Spam zu bombardieren. Und tatsächlich birgt die Integration von sogenannten Bots diese Gefahr. Allerdings lässt sich auch heute schon absehen, dass Bot-basierter Commerce modernes Marketing nachhaltig positiv beeinflussen wird. Was gerade nach einer steilen These klingen mag, wirkt bei näherer Beleuchtung so einleuchtend wie banal.

Ein Bot ist im Prinzip ja nicht viel mehr als Code, der Aufgaben für den Benutzer übernimmt. Interessanterweise erledigt der Bot diesen Job an einem Ort, an dem Benutzer ohnehin einen Großteil ihrer Zeit verbringen: In Messaging-Apps. Egal ob Facebook Messenger, WhatsApp, WeChat oder Viber – Bots lassen sich in all diese und andere Anwendungen integrieren und eröffnen damit ein nie da gewesenes Spektrum an Möglichkeiten.

Bots bringen das „Smart“ in das Phone

Nehmen wir an, das Weihnachtsfest steht mal wieder viel zu schnell vor der Tür. Man hat natürlich noch kein Geschenk besorgt und würde zwischen Tür und Angel einen Onlineshop durchforsten, um kurzfristig noch etwas für die Liebsten in der Hand zu haben: Dann müsste man die Seite des Shops besuchen, sich durch 20 oder 30 Produktseiten klicken, das Kontaktformular mit Versand und Bezahlung ausfüllen und sich nach Abschluss fragen, wohin die Zeit verflogen ist. Oder man könnte dasselbe Anliegen einem Chatbot erzählen, der danach fragt, welche Eigenschaften das Wunschprodukt haben soll, selbstständig durch den Bestellprozess begleitet und die Bestellung platziert. Der Bot führt dabei durch eine Reihe von miteinander verknüpften Fragen, die die Daten aufnehmen, die für die Bestellung und damit die Befriedigung von Bedürfnissen notwendig sind.

Die gesamte Interaktion mit dem Bot läuft für den Benutzer selbsterklärend innerhalb einer App ab. Der Auftrag des Bots ist es, die Bedürfnisse des Nutzers zu erschließen und bei minimalem Input den passenden Content oder Service zu liefern. Jede Frage, die der Nutzer stellt, bringt den Bot ein Stück näher an die Antwort, die benötigt wird. Mit anderen Worten lösen Bots Probleme, die Limits in zahlreichen Apps geschuldet sind.

Bot ist nicht gleich Bot

Im Allgemeinen lassen sich Bots in drei Kategorien herunterbrechen: Utility BotsInformational Bots und Social Bots.

Utility Bots

Utility Bots versorgen die Kunden von Versorgungsdienstleistern mit Echtzeitinformationen über Ausfälle und können Anfragen wie die Übertragung/Sperrung von Diensten und den Energieverbrauch bearbeiten. Sie können leicht an die Bedürfnisse der verschiedenen Arten von Versorgungsdienstleistern angepasst werden.

 

Informational Bots

Informational Bots liefern grundlegende Informationen zu einer schier endlosen Liste von Themen. Zu den üblichen Anwendungen gehören die Beantwortung von Fragen über das Wetter, Sport oder Nachrichten. Je nach Informationsquelle können diese Bots auch komplexere Anfragen beantworten, z. B. die Antworten, die Nutzer für die Planung ganzer Urlaube benötigen.

 

Social Bots

Social Bots sind Bots, also Softwareroboter bzw. -agenten, die in sozialen Medien (Social Media) vorkommen. Sie liken und retweeten, und sie texten und kommentieren, können also natürlichsprachliche Fähigkeiten haben. Sie können auch als Chatbots fungieren und damit mit Benutzern synchron kommunizieren.

Chatbots entwickeln sich damit offensichtlich zu einem ernstzunehmenden Instrument, um Kunden zu helfen, Nutzer zu unterhalten oder Produkte effektiver zu bewerben. Auch der US-Wahlkampf von 2016 zwischen Donald Trump und Hillary Clinton war ein Wettstreit der Bots. Sogar russische Bots sollen sich in das Rennen um das weiße Haus eingemischt und auf den sozialen Medien „Wahlkampf“ betrieben haben. Vor allem populistische Parteien haben den Einfluss der Bots im Social Web längst erkannt und setzen sie im Kontext von Diskussionen und Meinungsbildung ein. Auch vermutet man, dass hinter vielen Fake-Accounts Bot-basierte Technologien stecken, die Follower- oder Like-Zahlen künstlich nach oben treiben und ein falsches Abbild von der Realität schaffen. Neben all den Vorzügen gehört auch diese nicht unumstrittene Entwicklung zum Vormarsch der Bots dazu. Umso wichtiger ist es daher, dass mittelfristig Regeln für ihren Einsatz definiert werden.

In China zeigt der Erfolg von WeChat hingegen ganz deutlich, dass Bots auch positiven Einfluss auf die Lebenswelt vieler Menschen ausübt. Ohne jemals die Messaging App verlassen zu haben, können Nutzer ein Taxi ordern, mit einem Freund videochatten, Essen bestellen oder die nächste Reise buchen. Tatsächlich gilt eine Unternehmung, die keine Integration von WeChat aufweist, in weiten Teilen der chinesischen Gesellschaft schon als hoffnungslos überholt. Das klingt auf den ersten Blick natürlich nach einem gewagten Vergleich, aber auch Pendler, die zwischen China und der westlichen Welt unterwegs sind, bemängeln, dass die Abreise aus der „WeChat-Welt“ einer Reise in die Vergangenheit gleicht.

Weitere Praxisbeispiele gefällig?
Check mal Astute Solution, Techemergence oder die Overthink Group ab.

Das Potenzial in der Hand von fünf Milliarden Nutzern

Der Verbraucher lädt mit einem Bot also keine Anwendung herunter, von der er nicht weiß, wann er sie das nächste Mal benutzt. Man vermutet, dass wir durchschnittlich auf lediglich fünf Apps zugreifen. Diese fünf heiligen Spots werden in der Regel von Messaging-Apps belegt und über 5 Milliarden Nutzer machen heutzutage monatlich von Messaging-Anwendungen Gebrauch. Das sind erstmalig mehr, als es in sozialen Netzwerken der Fall ist.

In einer Studie aus dem Jahr 2016 verglich Statista die Öffnungs- und Klickraten von verschiedenen

E-Mail-Kampagnen. Es stellte sich heraus, dass 5,9% bis 18,8% der Mails geöffnet und lediglich 0,4% bis 2,1% geklickt wurden. Vergleicht man diese Zahlen mit dem Messenger Marketing, möchte man nicht in der Haut des Texters hinter diesen E-Mails stecken: Rund 80% der User öffneten und mehr als 30% klickten auf den eingespielten Content. Ein Trend, der vielleicht nicht unbedingt verwundert, der aber maßgeblich das Konsumverhalten von Rezipienten und Kunden verändert.

Wenn Menschen Recherchen anstellen, wollen sie die gewünschten Informationen so schnell wie möglich und sie greifen deshalb auch immer öfter auf die Fortschritte im Bereich der Sprachfunktionen zurück. Da E-Mail-Posteingänge häufig mit unerwünschten Informationen überfüllt sind, nutzen viele Käufer die sozialen Medien, um über Neuigkeiten ihrer Lieblingsmarken auf dem Laufenden zu bleiben. Somit liegt die Macht beim Käufer, Marken, die ihn nicht mehr tangieren, zu entfolgen oder zu blockieren. Wenn man als Content-Produzent nun aber in der Lage wäre, seinen Followern relevante Inhalte an Positionen zuzuspielen, die sie ohnehin häufig aufsuchen, revolutioniert das die Interaktion. Denn was ein Käufer vorrangig will, ist die unmittelbare Verbindung zwischen einem Problem und seiner Lösung. Mit Hilfe der Messaging-Apps können Bots Konsumenten helfen, Lösungen unabhängig von Ort oder mobilem Endgerät zu präsentieren. Und das ohne Formulare, überfüllte Maileingänge oder vertane Zeit beim Scrollen durch das Angebot.

Kommunikation, Dienstleistung und Transaktion verflechten sich miteinander.

Computer lernen jetzt

Wenn man beispielsweise einen Bot zu Rate ziehen würde, um eine Flugreservierung zu ändern, sollte der Bot wissen, ob das belastete Konto noch liquide genug ist und ob man gewöhnlich am Fenster oder am Gang sitzt. Um dieser Vision näher zu kommen, arbeitet man derzeit daran, das Chatten mit einem Bot nicht mehr von einem Gespräch mit einem allwissenden Menschen unterscheiden zu können. Künstliche Intelligenz wird in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle spielen und es werden gravierende technologische Fortschritte erwartet. Das beweisen auch die Schätzungen von Gartner, denen zufolge künstliche Intelligenz bis 2021 innovative Geschäftsmodelle im Wert von rund 2,9 Billionen US-Dollar und 6,2 Milliarden Stunden an Arbeitsproduktivität hervorbringen soll. Künstliche Intelligenz gehört damit zu einem der Megatrends schlechthin. Bei modernen Sprachbots werden jetzt schon komplette Kundengespräche mit Hilfe von künstlicher Intelligenz ausgewertet. Bei dieser Form des Dialogmanagements erschließt sich der Bot autonom, wie er mit dem Kunden interagieren muss, um dessen Informationsbedarf zu decken. Um zum Beispiel einen Bestellstatus zu ermitteln oder einen Anrufer zu identifizieren, bedarf es daher komplexer Schnittstellen zu den im Backoffice genutzten Anwendungen. Daher beziehen viele Bots ihre Daten derzeit noch hauptsächlich aus den aktuellen Anwendungen des Nutzers. Die Frage ist vor diesem Hintergrund nur, wie lange eben noch.

Denn auch im Bereich des maschinellen Lernens oder auch Deep Learnings verzeichnet die Forschung Fortschritte. Das Prinzip dahinter ist, dass Computer die Fähigkeit eingehaucht bekommen, aus Beispielen zu lernen. Eine Technologie, auf die man vor allem beim fahrerlosen Auto-Fahren setzt. Diese ermöglicht unter anderem, dass das Fahrsystem Straßenschilder von Menschen unterscheiden kann. Im Kontext mobiler Endgeräte findet sich das maschinelle Lernen vorrangig in Anwendungen, die die Sprachfunktion nutzen. Hierbei spielt die Anwendung entweder aufgezeichnete Ansagen ab oder greift auf Text-To-Speech-basierte Sprachsynthese zurück.

Es lässt sich also festhalten, dass der Erfolg eines Bots mit den durch Interaktion erzeugten Lerneffekten steht oder fällt. Deshalb müssen aus Entwicklersicht zunächst genau diese Interaktionen zwischen Zielgruppe und Marke klar definiert sein. An welchem Punkt benötigt mein Kunde Unterstützung? Welchen Content will mein Follower lesen? Und was spart meinem Rezipienten Zeit? Nur wenn die zentralen Fragen geklärt sind, kann das Interface des Chatbots auf eine Weise in die App eingebunden werden, in der es den maximalen Effekt erzielt. Die besten Bots bedienen sich dabei der täglichen Mikro-Entscheidungen von Kundenerfahrungswerten und erscheinen dem Nutzer als eine mögliche Hilfestellung. Zwar wird wahrscheinlich kein Bot jemals die Gesamtheit aller Nutzerbedürfnisse erfüllen können. Dass Bots aber einzelne Funktionen überdurchschnittlich effizient erfüllen könnten, ist schon heute greifbar.

Aller Anfang ist schwer

Dabei ist die Erfindung des Freund und Helfers innerhalb einer App keine vollkommen neue. Chatbots existieren tatsächlich sogar schon eine ganze Weile. Die jüngsten technologischen Fortschritte in der künstlichen Intelligenz haben nun aber einen regelrechten Boom ausgelöst. Die Integration künstlicher Intelligenz befähigt den Bot dazu, komplexe Anfragen, personalisierte Antworten und die Optimierung der Interaktion im Allgemeinen zu verarbeiten. Da diese hinter dem Bot befindliche Technologie aber quasi noch in den Kinderschuhen steckt, folgen die meisten Bots einer Reihe von Regeln, die händisch auf einer bot-building Plattform programmiert werden. Die Eingabe läuft in der Regel so ab, dass eine Liste mit Wenn-Dann-Aussagen angelegt und mit vorgefertigten Antwortmöglichkeiten verknüpft wird. Ausgiebige Programmierkenntnisse sind dafür nicht erforderlich, die notwendige bot-building Plattform jedoch schon. Neben den auf Bots spezialisierten Agenturen darf man auf die Unterstützung der Betreiber von Messaging-Diensten hoffen. Google, Facebook und Microsoft ebnen auch hier den Weg. Facebook erlaubt es Entwicklern beispielsweise Chatbots einzubauen, die innerhalb des Facebook Messengers mit Kunden interagieren. Microsofts Cortana Intelligence Suite greift hingegen auf Technologien aus Big Data oder Machine Learning zurück.

Die Herausforderung ist keine technische

Am Anfang des Entwicklungsprozesses stehen in der Regel häufig gestellte Fragen, die gleichzeitig die wichtigsten Variablen des Bots repräsentieren und ihm den notwendigen Kontext vorgeben. Im weiteren Verlauf gilt es, detaillierte Fragen mit Options-Buttons zu bestücken, um schlussendlich die passende Antwort auf die Frage des Nutzers generieren zu können. Ein so umfassendes Conversational Flow Chart zu erarbeiten, klingt zwar nach einer Arbeit für jemanden, der Vater und Mutter erschlagen hat. Letztendlich ist es aber nur der Anfang, denn ein Bot erfordert Hingabe und stetige Pflege über Monate und Jahre hinweg, um das Maximum an Möglichkeiten auszuschöpfen. Clara de Soto, Mitbegründerin von Reply.ai verriet in diesem Zusammenhang dem VentureBeat:

“You’re never just ‚building a bot‘ so much as launching a ‚conversational strategy‘ — one that’s constantly evolving and being optimized based on how users are actually interacting with it.“

Anbei noch einige weitere Anbieter und Lösungsansätze, um einen Bot zu entwickeln: Bot FrameworkAzure Bot ServiceBotsifyChat-O-MatNuanceKikPandorabots oder auch Telegram.

Zwischen Macht und Verantwortung

Die Bots sind also tatsächlich auf dem Vormarsch und ihr Einfluss auf den täglichen Medienkonsum wird ohne Frage wachsen. Studien von Forrester illustrieren die Entwicklungen anschaulich: Bereits 2016 nutzten schon 5% der Unternehmen weltweit Chatbots, 20% testeten Pilotprojekte und 32% planten, einen Chatbot in 2017 einzusetzen. Auf Facebook tummeln sich inzwischen bereits über 100.000 Chatbots, die das Dialogmanagement zwischen Kunden und Marke abwickeln. Das Marketing hat also einen Heilsbringer gefunden, der es offenbar ermöglicht, 1,3 Milliarden Nutzer von Messaging-Diensten zu erreichen. Gerade dieser exzessive Anstieg an Bots birgt aber auch Gefahren. Denn je mehr Bots im Umlauf sind, desto wichtiger wird ein angemessenes Framework, dass eine reibungslose Funktionalität der Bots gewährleistet. Nutzer sind heutzutage kritischer gegenüber Anbietern geworden und zögern nicht, diese durch Entfolgen, Blockierung oder Löschen der Anwendung aus ihrer Lebenswelt zu entfernen.

Man muss nicht weit in die Vergangenheit schauen, um zu bemerken, dass im Marketing bereits einige Innovationen ausgereizt wurden. Man erinnere sich nur an störende Ads, Spammails oder Kaltakquise. Content Marketing trat auf den Plan und postulierte Kundenbeziehungen, die auf echtem Vertrauen basieren. Doch je mehr Content geliefert wurde, desto weniger heißblütig vegetierte diese Beziehung zwischen Kundschaft und Marke dahin. Die Kurzschlussreaktion war eine Bombardierung der Kunden mit Informationen, Benachrichtigungen und Mails: Einmal abonniert, hatte der Kunde quasi den Startschuss für eine lebenslange Tagesration Newsletter erteilt.

Die Verantwortung für einen angemessenen Einsatz von Bots liegt zweifelsohne im Marketing. Es ist eine Sache, den Maileingang eines Kunden mit Newslettern zu penetrieren, denn Spamfilter dämpfen den Effekt auf den Nutzer recht effektiv ab. Seit Bots aber innerhalb von Messaging-Apps arbeiten, betritt man eine historisch persönliche Zone des Verbrauchers. Sollte diese Zone mit ungewünschten Informationen belastet werden, löscht der Nutzer den Bot, bevor dieser überhaupt die Möglichkeit hatte, irgendwelche Daten zu sammeln. Der zweckgerichtete Einsatz von Chatbots wird noch vor technischen Aspekten die eigentliche Herausforderung darstellen. Marketing wird damit zum Balanceakt im Spannungsfeld zwischen Ausschöpfung des Potenzials und der Übersättigung der Nutzer. Es bleibt zu hoffen, dass die goldene Mitte ausgelotet und die eingangs erwähnte Flut aus Spam und Bullshit nicht zur Wirklichkeit wird.

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